Osterhoffnung
Osterpredigt in Wertach, Unterjoch und Maria Rain
Liebe Schwestern und Brüder, wir hoffen auf gutes Wetter oder wir hoffen auf den Sieg der Nationalmannschaft. Wir hoffen, dass der Krieg zu Ende geht, dass wir den Klimawandel überwinden und den Welthunger. Wir hoffen, dass wir einen Streit mit unseren Lieben überwinden, Konflikte lösen und Krisen meistern können. Wir hoffen, dass wir gesund bleiben oder werden. Wir hoffen…
Sie werden sich nicht erinnern: Aber genau so begann im letzten Jahr meine Osterpredigt. Da konnte ich nicht ahnen, dass wir in diesem Heiligen Jahr 2025 ein Leitwort mit auf unseren Weg bekommen haben, und dies lautet: Pilger der Hoffnung. Schon oft und gern habe ich über dieses Leitwort „Pilger der Hoffnung“ mit Ihnen nachgedacht. Doch ich glaube: Nirgends passt es besser und nirgends ist es so zündend wie an diesem Osterfest. Wir dürfen frohgemut unseren Lebensweg gehen – und zwar als Pilger der Hoffnung, als Pilger der Osterhoffnung!
Dabei gibt es doch so vieles, was unsere Hoffnung zerplatzen lässt wie eine Seifenblase. Ob es die globalen Menschheitsprobleme sind, die immer drängender werden, oder so manches persönliche Schicksal, das uns die Luft zum Atmen raubt: Ist es nicht vermessen, zu behaupten, dass wir immer und trotz allem einen Grund zur Hoffnung haben? Dieser Frage lasst uns an diesem Osterfest nachspüren …
Dass wir gerade als Christen immer und in allen Lebenslagen einen Grund zur Hoffnung haben, kann man leicht missverstehen: Sind wir vielleicht überheblich, wenn wir meinen, dass wir vor auswegloser Hoffnungslosigkeit verschont bleiben – nur weil wir Ostern feiern? Oder aber: Ist das Osterereignis wirklich so tragfähig und so grund-legend lebensbejahend, dass wir aus allen Gräbern der Hoffnungslosigkeit mit dem Auferstandenen auferstehen werden? Kann Jesus den schweren Stein von Angst, Leid und Not, der menschliches Leben wie in einem Grab gefangen hält, auch für uns aufsprengen und uns mit sich ins neue Leben hinaus rufen, ein Leben, das nicht glatt laufen muss, das aber aus der Hoffnung lebt? Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten…
„Wir aber hatten gehofft…“, sagen die beiden Jünger auf dem Weg nach Emmaus zu einem, den sie zunächst nicht erkannten. Als sie ihn dann beim Brotbrechen erkennen, da gehen ihnen die Augen auf. Sie erkennen in ihm den Auferstandenen, der alle Fragen und Zweifel, Ängste und Nöte eintaucht in ein neues Hoffnungslicht!
„O Christ, nun feste Hoffnung hab, auch du wirst gehen aus deinem Grab“, singen wir im Osterlied. Und: „Wir schauen auf zu Jesus Christ, zu ihm, der unsre Hoffnung ist.“ Wir dürfen dem Auferstehungswunder vertrauen, weil Jesus alle Hoffnungslosigkeit mitgenommen hat hinein in seinen Tod – um uns kraft seiner Auferstehung ein hoffnungsvolles Leben zu ermöglichen. Ja! Ich spüre deutlicher als je zuvor: Wenn es einen Grund gibt für unsere Hoffnung, dann ist es dieser: Er ist wirklich auferstanden! So wünsche ich uns allen von Herzen ein hoffnungsfrohes Osterfest! Amen.
Hoffnungslosigkeit durchkreuzt
Karfreitag Mittelberg
Durch dieses Heilige Jahr 2025 schreiten wir als Pilger der Hoffnung. Dieser Leitgedanke, Pilger der Hoffnung zu sein, passt gut zu vielen Festtagen des Kirchenjahres. Aber der Karfreitag? Können wir auch heute im Blick auf diese schreckliche Leidensgeschichte, die wir gerade gehört haben (Joh 18,1-19,42), Pilger der Hoffnung sein? Oder jetzt erst recht … ?
Jesus hatte gehofft, dass die Menschen seine Reich-Gottes-Botschaft annehmen werden. Aber er hat dafür Ablehnung und Hass geerntet.
Petrus hatte gehofft nach Jesu Ankündigung seines Leidens und Sterbens, dass seinem Meister dieser bittere Weg erspart bliebe.
Judas hatte gehofft, dass er mit seinem Verrat Jesu doch irgendwie zu Recht kommen werde, aber er nahm sich den Strick.
Pilatus hatte gehofft, dass das Volk dem Bárabbas den Verbrechertod wünschte, Jesus aber die Freiheit. Nein: Das „Kreuzige ihn!“ galt Jesus.
Maria hatte ihren Sohn auf dem Kreuzweg begleitet und unter dem Kreuz ausgeharrt. Alle ihre Hoffnungen wurden zerbrochen.
Und wenn der Gekreuzigte sterbend betet zu seinem Vater: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“, dann erschrecken wir und spüren: Selbst Jesus wird in seinem Tod der letzten Hoffnung beraubt.
Josef von Arimathäa durfte den Leichnam vom Kreuz abnehmen und bestatten: Die Hoffnung wird begraben …
Und dann noch der Karsamstag: „Hinabgestiegen in das Reich des Todes“, bekennen wir im Credo. Jesus hat nicht nur geschlafen im Grab oder sich ausgeruht. Sein Tod und sein Begrabenwerden waren kein Fake. Nein, er war mausetot. Er ist sogar hinabgestiegen in die Unterwelt, in das Reich des Todes. Ist damit nicht alle unsere Hoffnung hinabgestiegen in die Unterwelt?
Die ganze Leidensgeschichte Jesu ist eine Geschichte der geplatzten Hoffnungen. Und das kennen wir doch alle: Wir hatten so sehr gehofft! Aber auch der letzte Funke Hoffnung ist erloschen. Was bleibt ist eine tiefe Hoffnungslosigkeit … Und an diesem Tiefpunkt möchten wir das Leben wegwerfen. Was macht das Leben noch lebenswert – ohne jede Hoffnung? Uns ist heute bewusst, dass in drei Tagen Ostern sein wird. Aber am Karfreitag damals, am Todestag Jesu, war das niemandem bewusst. Der Schmerz und die Verzweiflung, die Ohnmacht und die Hoffnungslosigkeit waren unerträglich … … …
Dabei ist der Karfreitag wohl der Tag, der wie kein anderer der Hoffnungslosigkeit die Stirne bietet bzw. der Hoffnungslosigkeit den Kampf ansagt. Ja: Die Hoffnungslosigkeit darf nicht das letzte Wort haben, niemals. Der Karfreitag eines jeden Menschen in den Stunden tiefer Verlassenheit, Angst und Perspektivlosigkeit, der Karfreitag der Hoffnungslosigkeit angesichts der Menschheitsprobleme, die immer noch drängender werden, schreit nach Erlösung, schreit nach dem erlösenden Aufbruch neuen Lebens, das uns neue Hoffnung erlaubt – für immer!
Erlösung? In verschiedenen Schulklassen habe ich in der Fastenzeit das Jesus-Thema bearbeitet, wie es in den unterschiedlichen Jahrgängen unterschiedlich akzentuiert ist. Und dann sprachen wir vor Ostern schließlich auch über den Tod und die Auferstehung Jesu. Dabei erlaubte ich mir die Frage, ob denn für die Schüler im Blick auf die vielen guten Taten und Worte des Jesus von Nazareth sein Tod am Kreuz und seine Auferstehung überhaupt eine Bedeutung habe – oder ob ihr Jesus-Bild und ihr Jesus-Glaube gar nicht so sehr an seinem Tod und seiner Auferstehung gebunden sei. Also: Wenn Jesus eines natürlichen Todes gestorben wäre und wir hätten noch übrig den Jesus, der die Kranken geheilt, das Brot vermehrt und das Reich Gottes gepredigt hat, würde das an meinem Christsein etwas ändern? Während ich diese Frage formulierte, hatte ich schon ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Warum hast Du das jetzt gefragt, dachte ich. Die meisten Jugendlichen erklärten, dass Jesus für sie ein guter und ein ganz besonderer Mensch war bei all dem, was er für die Menschen getan und was er Gutes gewirkt hat, dass aber sein Tod am Kreuz und seine Auferstehung für sie eigentlich keine besondere Bedeutung habe.
Das macht mich sehr nachdenklich. Was ist passiert, dass für viele junge Christen unser Jesus Christus einer ist, auf dessen Tod und dessen Auferstehung wir eigentlich verzichten können? Ich habe das von Kindheit an jedenfalls ganz anders gelernt und bis heute auch ganz anders verstanden. Ja, unser Jesus ist der „vollkommene Mensch“, wie die Theologen so schön sagen, er hat als solcher durch sein menschliches Leben bereits eine enorme Bedeutung für unser Menschsein. Aber wenn er nicht den grausamen Kreuzestod gestorben und dann in seiner Auferstehung dem Tod die Macht geraubt hätte, wer oder was könnte mich dann aus dem Grab tiefer Hoffnungslosigkeit befreien? Ist nicht der Blick auf den gekreuzigten und auferstandenen Herrn der einzige Ausblick auf unsere Erlösung? Aber was heißt eigentlich Erlösung? Will der moderne Mensch überhaupt noch anerkennen, dass er der Erlösung bedarf? Dass es einen braucht, der mich auf dem Grab von Sünde und Tod, aus dem Grab der Hoffnungslosigkeit befreit?
Mir scheint es nicht zuletzt ein Akt tiefer Demut zu sein, wenn ich meine Ohnmacht, meine Verzweiflung und meine Hoffnungslosigkeit mit dem für mich Gekreuzigten ans Kreuz heften lasse, um dann in seiner Auferstehung neues Leben zu empfangen. Ich bin überzeugt: Dieser Akt der Demut tut uns allen gut. Und darum ist es sinnvoll und wertvoll, dass die Kirche uns einlädt, gleich in der Kreuzverehrung eine demütige Kniebeuge zu machen vor dem, der am Kreuz für mich gestorben ist. Das bedeutet für mich Erlösung. Und was sonst könnte sie durchkreuzen: All die Hoffnungslosigkeit dieser Welt und meines Lebens …? Amen.
Mahl der Hoffnung
Gründonnerstag Petersthal
Inmitten der Heiligen Woche treten wir heute Abend ein in die drei heiligen Tage des Österlichen Triduums, und dies tun wir im Heiligen Jahr 2025. Also ganz schön viel Heiligkeit... Durch das Heilige Jahr pilgern wir unter dem Leitwort: Pilger der Hoffnung. Das möchte ich gerne auch in diesen Tagen Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern aufgreifen und mit Ihnen nachdenken über den Grund unserer Hoffnung.
Wir hoffen auf gutes Wetter oder wir hoffen auf den Sieg der Nationalmannschaft. Wir hoffen, dass der Krieg zu Ende geht, dass wir den Klimawandel überwinden und den Welthunger. Wir hoffen, dass wir einen Streit mit unseren Lieben überwinden, Konflikte lösen und Krisen meistern können. Wir hoffen, dass wir gesund bleiben oder werden. Wir hoffen…
Fragen wir uns: Welche Hoffnungen hatten Jesus erfüllt – an diesem Abend?
Jesus hatte gehofft, dass bei dem, was nun bevorstand, seine Jünger sich erinnern werden an seine Vorhersage, dass er leiden und sterben und auferstehen werde.
Jesus hatte gehofft, dass die Jünger spürten, dass dieses Paschamahl, zu dem sie nun versammelt waren, nicht nur ein Paschamahl war, wie sie es jedes Jahr gefeiert hatten. Er hatte gehofft, dass die Jünger begriffen, was er ihnen bei diesem Paschamahl sagen und auf ihren Weg mitgeben wollte: „Das ist mein Leib für euch… - Das ist mein Blut für euch… Tut dies zu meinem Gedächtnis!“.
Jesus hatte gehofft, dass seine Jünger die vorausgehende Geste der Fußwaschung verstehen und als Vermächtnis bewahren werden: Er, der Meister, schenkt in diesem Sklavendienst seinen Jüngern ein Zeichen radikaler dienender Liebe und gibt uns den Auftrag: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“ Jesus hatte gehofft, dass diese dienende Liebe die Gemeinschaft seiner späteren Jüngerinnen und Jünger, die Gemeinschaft der Kirche, prägen werde.
Jesus hatte gehofft, dass die Jünger sich zu Herzen nehmen seine eindringlichen Worte, die er nach dem Abendmahl gesprochen hatte und die Johannes uns in ganzen fünf Kapiteln seines Evangeliums überliefert hat: „Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe!“
Jesus hatte gehofft, dass er dann das Gebet am Ölberg, seine Todesangst, seine Gefangennahme, das Verhör und die Verurteilung, die qualvolle Geißelung und den grausamen Tod am Kreuz für das Heil der Welt überstehen und bis zu Ende ausleiden werde. Ja, all das hatte Jesus gehofft…
Jesus war ja als Helfer und Heiland der Menschen all die Jahre hindurch kein Zauberer, er hatte keine Tricks, mit denen er den Menschen helfen konnte. Bei jedem einzelnen Wunder musste Jesus hoffen, dass der Vater im Himmel ihm die Kraft und die Vollmacht gibt, das zu tun, was er tun wollte. Er hatte gehofft, dass der Vater verherrlicht werde durch all die Zeichen, die er tat.
Wir dürfen und müssen also sagen: Jesus war ganz und gar ein Mann der Hoffnung! An diesem Abend, den zu feiern wir uns jetzt versammelt haben, verdichtet sich diese Hoffnung Jesu. Einige seiner Hoffnungen habe ich ja schon angesprochen.
Die größte Hoffnungsgeschichte, die Jesus in Gang gesetzt hat, ist die des Mahles, das ich als Hoffnungsmahl bezeichnen möchte. Drei Evangelisten und der Apostel Paulus überliefern uns in übereinstimmender Weise, was Jesus bei diesem Abendmahl gesagt und wie er damit dieses Mahl gedeutet hat. Er reichte seinen Jüngern in Brot und Wein seinen Leib und sein Blut. Dieser Leib, der für uns hingegeben wird, und dieses Blut, das für uns vergossen wird, soll die Menschen aller Zeiten erinnern an die größte aller Hoffnungen: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und Deine Auferstehung preisen wir, bis Du kommst in Herrlichkeit.“ Gibt es eine tiefere Quelle unserer Hoffnung? Und Jesus sagt ausdrücklich: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“, tut dies immer wieder und schöpft immer wieder Hoffnung daraus, die Hoffnung, die ihr braucht in all den Krisen und Konflikten und Katastrophen eures Lebens, eine Hoffnung, die niemals versiegen soll…
Lasst uns ganz konkret fragen: Was kann mir Hoffnung geben, wenn ich mit Jesus Mahl halten darf, wenn ich mit Jesus Eucharistie feiern darf?
Hoffnung gibt mir die Schlichtheit des Zeichens: Das kleine Stück Brot, in dem sich der große Gott mir schenkt – ein Hoffnungszeichen.
Hoffnung gibt mir die Zusage seiner Gegenwart: Er ist es, der sich im Brot an mich verschenkt – als eine Hoffnungsspeise.
Hoffnung gibt mir die immer neue Einladung: Nicht nur in der Erstkommunion, sondern immer und immer wieder darf ich sein Gast sein und ihn empfangen – eine Hoffnungsgeste.
Hoffnung gibt mir der Ausblick auf den Himmel: Wenn wir seinen Auftrag erfüllen und in der Eucharistie dieses Mahl zum Gedächtnis seines Todes und seiner Auferstehung feiern dürfen, dann gehen wir heute schon dem himmlischen Hochzeitsmahl entgegen – welche Hoffnungsgabe …
Jesus ist ein Mann der Hoffnung. Er lädt uns an diesem Abend vor seinem Leiden und Sterben ein zu einem Mahl, das wir immer wieder als Hoffnungsmahl feiern dürfen. Sind wir dankbar und hoffnungsvoll, dass die Kirche uns den Tisch der Eucharistie immer wieder deckt und dass wir hier hinzutreten dürfen, um das Brot der Hoffnung zu schmecken und in uns die Hoffnung zu stärken, die Hoffnung auf ein Leben, das alle Hoffnungslosigkeit überwindet und das unsere Hoffnung erfüllen wird – in ihm. Was für ein starker und tragfähiger Grund unserer Hoffnung: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ Amen.
Alles neu
Predigt am 5. Fastensonntag 06.04.25 in Petersthal und Mittelberg
Wir sind unterwegs durch dieses Heilige Jahr als Pilger der Hoffnung. Auf unserem Pilgerweg leben wir aus der Hoffnung auf einen neuen Himmel und eine neue Erde, die Hoffnung, dass in unserem Leben alles neu werden kann: „Seht, ich mache alles neu“, wird uns am Ende der Offenbarung zugesagt.
Im heutigen Evangelium (Joh 8, 1-11) schenkt Jesus jener Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war und die gesteinigt werden sollte, ein neues Leben. Jesus verurteilt diese Frau nicht und er hindert die Schriftgelehrten und die Pharisäer daran, dies zu tun, indem er sie an ihre eigene Schuld und Vergebungsbedürftigkeit erinnerte. Ja, wir alle sind immer wieder auch sündige Menschen und wir alle sind wie diese Frau angewiesen darauf, dass uns andere nicht verurteilen, dass uns jemand zuspricht: „Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“ Das Geschenk der Vergebung ist das unerhörte Geschenk eines Neuanfangs, den wir uns manchmal kaum vorstellen können, wenn wir uns in Schuld verstrickt haben. Keine Schuld ist zu groß, als dass Gott mir nicht einen solchen Neuanfang schenken könnte. Allein dies gibt uns doch allen Grund, als Pilger der Hoffnung unseren Weg zu gehen!
Und so treten wir nächsten Sonntag ein in die Heilige Woche, um dann in zwei Wochen das Osterfest feiern zu dürfen. Ich möchte kurz mit Ihnen nachspüren, dass unser Pilgerweg durch die Heilige Woche in besonderer Weise ein Pilgerweg des Neuanfangs ist, ein Pilgerweg, der das Feuer einer neuen Hoffnung in uns neu ent-fachen will. Auch in diesem Jahr die besonderen Tage der Heiligen Woche und dann das Osterfest zu begehen, mag für uns gewohnt sein. Gute Gewohnheiten sind gut. Aber es ist immer auch ein Neuaufbruch, ein Neuanfang, eine tiefe Erneuerung unseres Lebens, eine Erneuerung unseres Glaubens, Hoffens und Liebens, wenn wir Jesus begleiten dürfen auf diesem Weg, den er für mich gegangen ist.
Da ist zuerst der Palmsonntag: Er führt uns wie durch ein großes Tor hinein in die Heilige Woche. Am Palmsonntag wird Jesus willkommen geheißen in der Heiligen Stadt, in die so viele Juden pilgerten zum Paschafest. Jesus war einer dieser Pilger. Aber er war ein ganz besonderer Pilger, weil in ihm etwas ganz Neues begonnen hat. Er reitet auf einem Esel (àPetersthal!) in die Heilige Stadt und wird von den Menschen mit Hosianna-Rufen bejubelt als ein König, der Blinde geheilt und Tote auferweckt hatte. Diesem König breiten sie ihre Kleider auf der Straße aus und winken ihm mit Palmzweigen. So etwas hatte Jerusalem noch nie gesehen. Das war etwas völlig Neues. Kommt in Jesus wirklich der ersehnte König, der sein Volk kraftvoll führen wird hinein in ein neues Königreich der Gerechtigkeit und des Friedens? Wieso kommt dieser König dann auf einem einfachen Lasttier? In die große Begeisterung vieler Pilger mischten sich auch viele Fragen. Jedenfalls war dieser Hosianna-Jubel, der jetzt in den Straßen Jerusalems erklang, etwas ganz Neues. Lassen wir uns erneuern von diesem „Hosianna!“ und huldigen wir Jesus als unserem König!
Das Österliche Triduum beginnt dann mit dem Gründonnerstag. Da ist so ziemlich alles neu für die Jünger, die ja mit ihrem Jesus eigentlich nur das jährliche Paschamahl halten wollten. Da tritt plötzlich der Meister heran an seine Jünger, ihnen die Füße zu waschen. Dieser Sklavendienst wird – von Jesus geleistet – zu einem unerhörten Liebesdienst, zu einer Geste, die erschreckt und überrascht, zugleich aber unser Auftrag ist: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an Euch gehandelt habe!“ Das ist neu! Wir sollen also einander die Füße waschen, wir sollen einander überraschen mit Gesten einer radikal dienenden Liebe!
Und dann schenkt Jesus seiner Kirche das heilige Abendmahl. „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ Brot und Wein werden uns gereicht als Leib und Blut Christi. Geheimnis des Glaubens! Dieses Vermächtnis heilig zu halten in der sonntäglichen Eucharistiefeier, ist seit fast 2000 Jahren das ständige Werk der Erneuerung, das die Kirche im Heiligen Geist vollzieht und in das wir immer neu hineingenommen werden.
Der Karfreitag ist der Tag des bitteren Leidens. Wir gehen den Kreuzweg mit Jesus. Wir können es nicht fassen, wie unser Retter und Erlöser diesen Weg des Leidens auf sich nimmt zu unserem Heil. Der am Kreuz Sterbende verzeiht seinen Henkern. Das ist neu. Eine solche Liebe, eine solche Vergebung ist radikal und erneuert die Welt, die oft genug in Schuldzuweisungen gefangen ist. Und dann: „Es ist vollbracht.“ Kreuzabnahme und Grabesruhe. Auch das ist neu. Wir können nichts mehr tun. Wir brauchen nichts mehr tun. Wir dürfen durchatmen und neu den Frieden des Herzens empfangen in dieser Friedhofsrufe, die keine Friedhofsruhe bleiben wird. Sie lebt aus der Hoffnung, sie will eine neue Hoffnung in uns erwecken.
Die Osternacht schließlich sprengt unser Vorstellungsvermögen immer wieder neu: Der schwere Stein am Eingang des Grabes kann den Toten nicht gefangen halten. Jesus wird auferweckt zu neuem Leben, um uns mit sich in sein österliches Leben hineinzuziehen! „Seht, ich mache alles neu!“ kann der Auferstandene zu uns sagen! Ostern ist die Explosion des Lebens angesichts all dessen, was unser Leben einengt, belastet und was uns die Hoffnung raubt... Ostern ist stärker als der Tod. Ostern ist die Erneuerung schlechthin. Wir dürfen feiern, staunen, glauben, neu werden. Und dann unseren Pilgerweg weitergehen – als Pilger der Hoffnung. Amen!
unendlich
Preidgt am 4. Fastensonntag 30.03.25 in Schwarzenberg und KE St. Lorenz
Haben Sie schon einmal die Hoffnung aufgegeben auf einen Menschen, die Hoffnung, dass es wieder gut werden kann zwischen Ihnen und jener Person? Ja, wir wurden schon oft enttäuscht und unsere Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Aber: Haben wir als ChristInnen nicht Grund genug, immer und immer wieder zu hoffen, dass ein Mensch sich öffnet, dass wir uns versöhnen, dass wir einen Weg finden zueinander…??
Durch dieses Heilige Jahr 2025 sind wir unterwegs als Pilger der Hoffnung. Dieses Leitwort ist uns mitgegeben und aufgegeben: Pilger der Hoffnung! Ich selbst finde dieses Leitwort wunderschön, es ist aber auch herausfordernd und anspruchsvoll: Wollen wir, ja können wir in allen Lebenslagen Pilger der Hoffnung sein? Können wir immer neu aus der Hoffnung heraus leben, uns in der Hoffnung bewähren, aller Hoffnungslosigkeit zum Trotz die Hoffnung nicht verlieren?
Das heutige Evangelium vom Barmherzigen Vater (Lk 15) ist nicht irgendein Evangelium. Die alten Kirchenväter nannten es bereits das „Evangelium im Evangelium“: Also die zentrale Botschaft, die gleichsam auf den Punkt bringt, worum es im Evangelium eigentlich geht! Wenn wir das Gleichnis vom Barmherzigen Vater immer wieder betrachten und seine Botschaft verinnerlichen, dann haben wir etwas Großes verstanden: So ist unser Gott! Gott ist übervernünftig barmherzig und gut! Gott ist maßlos barmherzig, ja unendlich barmherzig. Dem Sohn, der ihn so sehr enttäuscht hatte, der nicht nur sein Vermögen verschleudert, sondern sich undankbar von der Familie abgewandt hatte, diesem Sohn gewährt der Vater nicht nur eine zweite Chance, sondern der Vater überschüttet ihn mit einer liebevollen Barmherzigkeit, die eher mütterlich anmutet: Er läuft ihm entgegen, er umarmt ihn, er küsst ihn, er schenkt ihm neue Kleider und neue Schuhe, sogar einen kostbaren Ring steckt er ihm an. Von einer Vereinbarung über eine mögliche Wiedergutmachung ist nicht die Rede. Der Vater ist einfach überglücklich, dass sein Sohn wieder zurückgekommen ist, und er drückt seine tiefe Freude aus in all diesen liebevollen Gesten, die schließlich in ein rauschendes Freudenfest münden mit Musik und Tanz. Mehr kann man nicht zeigen, wovon das Herz voll ist: Der Vater hatte Tag für Tag gehofft, dass sein Sohn wieder heimkommen werde. Und diese Hoffnung hat sich nun erfüllt, sie wurde gleichsam belohnt: Sein Sohn, der wie tot war, er ist gleichsam auferweckt zu einem neuen Leben, zu einem neuen Anfang als vollwertiges Mitglied der Familie!
Und ich? Hat mir in meinem Leben schon einmal jemand Barmherzigkeit geschenkt? Hatte ich einmal das Gefühl, dass jemand barmherzig reagiert hat, obwohl ich es eigentlich nicht erwartet hatte? Hat mich schon einmal jemand mit seiner Barmherzigkeit überrascht? Ich hoffe, dass Sie diese Fragen bejahen können und wünsche es Ihnen! Wie schön ist es, das Geschenk der Barmherzigkeit erfahren zu dürfen. Am Freitag war ich in der Wertacher Grundschule und habe versucht, den Erstkommunionkindern zu vermitteln, wie schön und wie wertvoll die Beicht ist. Das mache ich gerne, aber auch mit zunehmend gemischten Gefühlen… Die Botschaft ist ja einfach und klar: Gott ist barmherzig und gut! Und diese Barmherzigkeit will der gute Gott Dir schenken. Das kannst und darfst Du erfahren in der Beichte! Alles klar. Wirklich? Ich frage mich, ob manche Kinder zu Hause erleben dürfen, wie die Eltern einander vergeben nach einem Streit, wie sie erfahren, dass ihnen verziehen wird, dass ihnen Barmherzigkeit zuteil wird wie ein Geschenk. Wenn Kindern eine solch wertvolle und wichtige Erfahrung in der Familie weitgehend fehlt: Wie kann ich dann so ohne Weiteres von der Barmherzigkeit Gottes sprechen? Bzw. wie können die Kinder überhaupt einen Zugang finden zu jener Barmherzigkeit Gottes, ohne die zu ahnen es doch fragwürdig ist, Kinder zur Beichte zu schicken …?
Es ist also alles andere als selbstverständlich, liebe Schwestern und Brüder, dass wir heute das Evangelium überhaupt annehmen können als das, was es ist: Der Kern der Frohen Botschaft, das Zentrum des Evangeliums. Es reicht ja nicht, darüber mal nachzudenken vielleicht ein paar Minuten während einer Predigt. Nein, das reicht nicht. Wir müssen uns ehrlich fragen, wo und wie wir diese hier verkündete Barmherzigkeit selber erfahren haben bzw. erfahren können, damit wir tatsächlich von dieser Barmherzigkeit erfüllt und durchdrungen werden…
Das scheint mir auf unserem Pilgerweg durchs Leben und insbesondere als Pilger der Hoffnung in diesem Heiligen Jahr unverzichtbar und wertvoll zu sein: Weil Gott so wie der Vater im Gleichnis die Hoffnung nicht aufgegeben hat, weil Gott ein Gott ist, der trotz aller Enttäuschungen, die wir ihm zufügen, niemals aufhört, auf uns zu hoffen, weil er in seiner grenzenlosen Hoffnung jeden Augenblick bereit ist, uns entgegen zu laufen mit offenen Armen, weil er uns umarmen und küssen und uns so seine große Barmherzigkeit erfahren lassen will, deshalb haben wir allen Grund, wider so mancher Frustration und Perspektivlosigkeit Hoffnungsträger zu sein, als Pilger der Hoffnung unseren Weg zu bestreiten. Denn Seine Hoffnung auf das Gute in jedem Menschen hört niemals auf! Amen.
Früchte der Hoffnung
Preidgt am 3. Fastensonntag 23.03.25 in Mittelberg und Petersthal
Der Feigenbaum im Weinberg, der keine Früchte trägt: Soll man ihn umhauen? Oder stehenlassen? Der Weinbergbesitzer will ihn umhauen. Der Winzer will ihn stehenlassen. Was sagt uns dieses Gleichnis? Denken wir eher pragmatisch wie der Weinbergbesitzer und machen kurzen Prozess mit dem, der augenblicklich keine Frucht bringt? Oder haben wir Geduld, haben wir Hoffnung, dass der Feigenbaum zu seiner Zeit doch noch Früchte bringen wird?
Wir sind unterwegs im Heiligen Jahr als Pilger der Hoffnung. So lautet unser Leitgedanke: Pilger der Hoffnung! Vor allem in diesen heiligen 40 Tagen der vorösterlichen Zeit dürfen wir uns fragen, was das für uns bedeuten kann: Wir sind unterwegs als Pilger der Hoffnung! In welchen Lebenslagen neigen wir vielleicht dazu, die Hoffnung zu verlieren…? Erinnern wir uns an Situationen, in denen das „Prinzip Hoffnung“ sich im Nachhinein bewährt hat, Situationen, in denen es gut war, dass wir Geduld bewahrt und der Hoffnung Raum gegeben haben…?
Im heutigen Gleichnis Jesu (Lk 13,6-9) geht es um Früchte. Dem damaligen Hörer war diese Bild aus der Landwirtschaft sicherlich noch viel mehr vertraut als uns Hörern des Evangeliums heute. Wir kaufen unsere Früchte im Supermarkt. Da ist immer genügend zur Auswahl. Wie schmerzlich es sein kann, wenn ein Baum keine Früchte bringt, das erfahren wir selber kaum. Wir können heute über Früchte mehr oder weniger verfügen, sie sind immer zugänglich für uns. Sogar im Winter genießen wir frische Früchte, die eigentlich nur im Sommer reifen. So haben wir zu den Früchten den natürlich Bezug ein Stück weit verloren. Wer davon lebt, dass seine Fruchtbäume auch Früchte tragen, der versteht sicherlich die Ungeduld des Weinbergbesitzers im Gleichnis, der ahnt, wieso die Geduld des Winzers überrascht. Warum auf Früchte hoffen, wenn ein Baum schon drei Jahre lang keine Frucht mehr getragen hat?
Auf unserem Pilgerweg durchs Leben, auf unserem Pilgerweg des Glaubens stoßen wir nicht selten auf Bäume, die keine Frucht tragen. Der „Baum der Zufriedenheit“ wird immer kahler, weil immer mehr Menschen in unserem Land immer noch unzufriedener sind – obwohl es uns in vieler Hinsicht so gut geht! Der „Baum der Glaubenstreue“ zeigt immer weniger Frucht, weil sich immer mehr Menschen von der Gemeinschaft gelebten Glaubens verabschieden. Der „Baum der Solidarität“ trägt manchmal erschreckend wenig Frucht, weil viele Menschen nur noch an ihre eigenen Bedürfnisse denken und sie gegenüber den wirklich Bedürftigen gleichgültig geworden sind. Da gibt es also viele Beispiele von Fruchtlosigkeit, die wir beklagen können… Oder in meinem persönlichen Leben hat sich eine Mühe nicht gelohnt, hat sich eine Arbeit als erfolglos erwiesen: Auch hier werden wir damit konfrontiert, dass die gewünschten Früchte ausbleiben. Sollen wir deshalb resignieren?
Ich finde unser Jahresthema vom „Pilger der Hoffnung“ gleichermaßen schön, wie auch anspruchsvoll und herausfordernd. Es ist oft nicht einfach, der Frustration die Stirn zu bieten und hoffnungsfroh zu bleiben auch in Zeiten der Dürre oder der Perspektivlosigkeit. Wie können wir es schaffen, dass alle Bemühungen um eine weltweite soziale Gerechtigkeit endlich Früchte bringen? Wie können wir inmitten einer Welt, die sich dem Wahn des Wettrüstens verschrieben hat, dem Aufbau des Reiches Gottes dienen und aus Schwertern Pflugscharen schmieden, wie es schon der Prophet gefordert hat, also Kriegsgerät umschieden in Werkzeuge, die dem Wohle aller dienen? Ist das Utopie? Oder ein Konzept für eine bessere Welt…?
Das Gleichnis Jesu erzählt von der Geduld des Winzers, der sich dem Feigenbaum, der immer noch keine Frucht trägt, noch einmal zuwenden will, der noch einmal Arbeit in diesen Feigenbaum investieren, den Boden aufgraben und ihn düngen will. Diese Geduld ist ein Sinnbild für die Geduld Gottes mit uns Menschen! Gerade in dieser vorösterlichen Zeit dürfen wir uns bewusst machen, dass Gottes Barmherzigkeit mit uns Menschen sich ausdrückt nicht zuletzt in seiner unendlichen Geduld mit uns Menschen! Und wenn Gott bereit ist, das Erdreich um mich herum aufzugraben und zu düngen, damit ich selber wieder neue Frucht bringe, dann dürfen wir eigentlich jubeln und uns freuen über einen solchen Gott, der barmherzig ist und geduldig! Und dieser Gott gibt uns doch allen Grund, selber barmherzig und geduld zu sein, also die Hoffnung nicht sinken zu lassen. Dieses Gleichnis erzählt uns sozusagen vom „Prinzip Hoffnung“, das wider alle Hoffnungslosigkeit uns daran erinnert, dass Gott niemals die Hoffnung sinken lässt im Blick auf einen Menschen – auch wenn er noch so verbohrt ist, stur, beratungsresistent, wie wir heute sagen, noch so verhärtet und für die größere Liebe unempfänglich. Als Pilger der Hoffnung brauchen wir uns eigentlich nur anstecken lassen von dieser unerschütterlichen Hoffnung, die Gott in seinem Herzen trägt für jede und jeden von uns. Gott gibt die Hoffnung nicht auf. Niemals. Gott hofft jeden Tag neu, dass mein Leben neue Frucht bringen kann. In Gottes Namen: Lasst uns also unseren Weg gehen als Pilger der Hoffnung! Ostern entgegen!